Top oder Flop?
UmfrageÜber ein schwieriges Verhältnis zu Instagram
„Am 7. Januar 2025 hat Meta öffentlich angekündigt, in den Vereinigten Staaten ein System auf der Grundlage von ‚kollektiven Anmerkungen‘ als Ersatz für die zuvor verwendete Faktenprüfung durch Dritte einzuführen. Nach Kenntnisstand der Kommission wird diese Politik derzeit in der EU nicht umgesetzt.“
So lautete die Antwort von Henna Virkkunen (Exekutiv-Vizepräsidentin für Technologische Souveränität, Sicherheit und Demokratie) im Namen der Europäischen Kommission auf eine Parlamentarische Anfrage der S&D-Fraktion vom 30.1.2025 unter dem Titel: „Jüngste Entscheidung von Meta, die Faktenprüfung auf Facebook, Instagram und WhatsApp in den Vereinigten Staaten einzustellen“.1
Die Besorgnis vieler Akteur:innen war groß, dass die Entwicklungen aus den USA auch hierzulande einschneidende Änderungen nach sich ziehen könnten. Bislang beziehen sich die genannten Entwicklungen offiziell nicht auf Europa. Hier greift das EU-Gesetz über digitale Dienste (2024 hat die Europäische Kommission bereits ein förmliches Verfahren gegen Meta eingeleitet). Außerdem betreibt die EU eine „Europäische Beobachtungsstelle für digitale Medien“ (EDMO) und arbeitet mit sogenannten „unabhängigen Faktenchecker:innen“ zusammen, wie dem International Fact-Checking Network (IFCN) oder dem EFCSN (European Fact-Checking Standards Network).2 In Deutschland ansässige Faktenchecker:innen sind dpa Fact-Checking und CORRECTIV. Diese können Falschmeldungen begründet identifizieren und melden, aber keine Inhalte löschen – und werden mittlerweile durch tendenziöse Einschätzungen („einer ‚Bias‘ gegenüber rechts-konservativen Weltanschauungen“)3 diffamiert.
Viele von uns als Neue Musik-Aktive nutzen die Dienste von Meta und bezahlen teils sogar für die Dienstleistung. Wie gehen wir als ein Teil der Kulturszene Deutschlands mit der Tatsache um, dass wir ein amerikanisches Unternehmen unterstützen, dessen Führungspersonal transparente Prozesse, faire Bedingungen und faktenbasierte Information zur Disposition stellt?
In Teil Eins unserer Umfrage zu Instagram haben wir Ensembles, Förderer und Verbände um Stellungnahmen gebeten: Wozu wird Instagram genutzt? Gibt es Alternativen? Wie wichtig ist Instagram für die eigenen Aktivitäten? Gibt es Bedenken?
Den Anfang macht das broken frames syndicate, das in seinem Statement (auf Instagram) Mitte Februar die Schwierigkeiten umrissen hat, die eine Positionierung für oder gegen Meta mit sich bringt.
Statement zu den neuen Meta-Richtlinien – broken frames syndicate vom 14. Februar 2025
Vielleicht ist es euch aufgefallen – in den letzten Wochen war es etwas still bei uns ... Wie viele unserer Kolleg:innen aus der freien Musik- und Kunstszene sowie anderen unabhängigen Unternehmen haben wir viel über die neuen Richtlinien nachgedacht, die META am 7. Januar veröffentlicht hat. Bevor wir unsere Social-Media-Aktivitäten wieder aufnehmen, wollten wir uns sammeln und über unsere Optionen für die Zukunft nachdenken.
Wie ihr alle wisst, ist unser künstlerisches Schaffen immer eng mit den politischen Themen unserer Zeit verknüpft. Das ist sozusagen unser Rückgrat.
Mit unserem kompromisslosen Engagement gegen Diskriminierung, für soziale Gerechtigkeit und zum Schutz der unabhängigen Musik- und Kulturindustrie konnten wir nicht einfach weitermachen, ohne auf einige Probleme einzugehen, die auf der Plattform schon länger bestehen. Diese Probleme entwickeln sich nun zu offen diskriminierenden Richtlinien, die reale Menschen in unmittelbare Gefahr bringen.
Angesichts der Bedrohung, die diese Richtlinien für bestimmte marginalisierte Gemeinschaften darstellen können, verurteilen wir METAs Entscheidungen entschieden, die:
- Einstellung der Drittanbieter-Faktenprüfung auf Instagram, Facebook und Threads.
In Zukunft sollen auf diesen Apps „Community Notes“ (inspiriert von X) verwendet werden, die laut Expert:innen und Organisationen als „nicht effektiv im Kampf gegen politische Fehlinformation“ und als potenziell „fördernd für Hassrede und Belästigung“ gelten,
- Abschaffung der DEI-Programme4 (Diversity, Equity, Inclusion) für META-Mitarbeiter:innen unter der Behauptung, „einige Unternehmen bräuchten mehr ‚männliche Energie‘“,
- sowie alle anderen diskriminierenden Gesten und Richtlinien,
wie z.B. die Entfernung von Tampons aus den Männer-Toiletten in META-Büros und die Entfernung von Transgender- und nicht-binären Themen aus der Messenger-App.
Sich von diesen Mustern der Dominanz und Diskriminierung zu lösen und zu einer Welt beizutragen, in der sie keine Relevanz mehr haben, ist das Herzstück unserer Arbeit ...
... UND WAS JETZT?
Wie viele andere unabhängige Künstler:innen und Institutionen sind auch wir stark auf unsere sozialen Netzwerke angewiesen, um unsere künstlerischen Projekte sichtbar zu machen und zu promoten. Gleichzeitig wollen wir nicht von einer Plattform profitieren oder sie unterstützen, die solche Richtlinien anwendet.
Hier sind einige der Fragen, die wir uns gestellt haben – und vielleicht ihr auch:
- Sollten wir META verlassen und nach alternativen, inklusiveren Plattformen suchen? Oder sogar komplett auf Social Media verzichten?
- Falls ja: Werden wir dann in der Musikindustrie noch als professionell wahrgenommen?
- Wie sichtbar wären wir und damit die Stimmen, die wir verstärken wollen, ohne META?
- Und vor allem – Wie bringt uns das Verlassen der Plattform der kollektiven Befreiung näher? Wer bleibt, um zu widerstehen?
Obwohl wir auf diese Fragen noch keine endgültigen Antworten haben, möchten wir zunächst auf die reale Bedrohung aufmerksam machen, die diese Richtlinien für marginalisierte Gemeinschaften darstellen – und damit auch für genau die Stimmen, denen wir zuhören und die wir verstärken wollen. Ohne uns in der überwältigenden Informationsflut zu verlieren, ist es essentiell, dass wir weiterhin lernen, informiert bleiben und über diese Themen sprechen – sowohl innerhalb als auch außerhalb unserer Szene.
Was uns betrifft – wie können wir, wie alle, die diese Richtlinien nicht unterstützen, sichtbar bleiben in einer Welt, die uns nur dann als professionell ansieht, wenn wir auf Social Media präsent sind, und in der viele berufliche Kontakte über META-Plattformen geknüpft werden? Hier sind die Optionen, die wir bisher sehen: Newsletter-Abonnements – Normalisierung vermeiden und weiter drüber sprechen – in Kontakt bleiben als Werkzeug des Widerstands.
Statements zur Nutzung von Instagram von Ensembles, Stiftungen und Verbänden aus Oktober 2025
Wir nutzen Instagram seit 2017, um unsere Community der Neuen Musik zu erreichen und unsere künstlerische Arbeit sichtbar zu machen. Die Plattform ermöglicht uns den Austausch mit Komponist:innen weltweit, die Ansprache unseres Publikums sowie – über Partner:innen wie „So geht sächsisch“ – den Kontakt zu einem breiteren Zielkreis außerhalb der Fachszene. Instagram ist für uns eine Möglichkeit der Kunstvermittlung: Wir zeigen dort, wie aktuelle Musik klingt, wer sie gestaltet und welche gesellschaftlichen und ästhetischen Fragen sie aufwirft.
Darüber hinaus sind wir auch auf Facebook, Bluesky, LinkedIn und nach wie vor auf Twitter aktiv – mit dem Ziel, ein möglichst breites und diverses Publikum zu erreichen. Die jüngsten Entwicklungen in den USA, wo klassische Faktenchecks durch „Community Notes“ ersetzt werden, beobachten wir mit Interesse, aber auch mit Skepsis. Einerseits kann eine offenere Diskussionskultur kreative Freiheit fördern, andererseits droht die Verantwortung für Verlässlichkeit und Kontext zunehmend an anonyme Nutzergruppen überzugehen. Für die kulturelle Kommunikation bleiben Vertrauen, Haltung und kuratorische Sorgfalt unverzichtbar.
Olaf Katzer, AuditivVokal Dresden
Wir nutzen Instagram, um über unsere aktuellen Projekte (Konzerte, szenische Arbeiten, Workshops und Kooperationen mit anderen Kulturinstitutionen) zu informieren. Facebook wird von Meta dabei automatisch mit bespielt, ist aber kein Fokus für uns. Über Instagram (neben anderen Quellen) informieren wir uns auch über Aktivitäten der Neuen Musik-Szene, von Kolleg:innen und anderen Ensembles.
Generell sehen wir Social Media inklusive YouTube aber sehr kritisch und indirekt demokratiegefährdend. Die mangelnde Moderation ist dabei ein Aspekt, noch wesentlicher ist aber das generelle Geschäftsmodell, das auf Klickanreize und Algorithmen setzt, die angstschürende und radikalisierende Inhalte befördern. Privat versuchen wir, die Nutzung von Social Media deutlich zu begrenzen (digital detox) und die zeitlichen Freiräume für echten Austausch und kreative Arbeit zu nutzen.
Markus Schwind, Ensemble Ascolta
Das Trickster Orchestra macht auf Instagram die Erfahrung, dass wir hier einerseits gut Fachpublika der zeitgenössichen Musik und andererseits spezifische Communities erreichen können, die sich verschiedenen Musiktraditionen zugehörig fühlen und sich für die trans-traditionelle Musik interessieren und begeistern lassen. Wir nutzen Instagram für drei Hauptbotschaften: Veranstaltungsankündigungen, in denen v.a. Beteiligte portraitiert werden und hin und wieder Probenausschnitte zu hören sind; News zum Orchester wie Auszeichnungen, CD-Releases etc.; und Presse-/Jury-Ausschnitte mit Zitaten. Die Plattform bleibt bei alldem ein untergeordnetes Tool im Marketing, besser erreichen wir Publika, die schlussendlich ins Konzert kommen, sowie die Fachöffentlichkeit über Newsletter, direkte Ansprache und PR im Stadtraum. Die Entwicklung zu Community Notes und die übergreifende Einbettung der sozialen Medien in den Kontext des US-Empires, antidemokratische Kräfte, Tech-Kult und banalisierter Informationsflut sehen wir sehr kritisch und halten daher unsere Posts eher auf geringer Frequenz.
Philip Geisler, Trickster Orchestra
Das aktive Ensemble der Cooperativa Neue Musik e. V. hat seit Ende letzten Jahres einen Instagram-Account, den es seitdem stetig ausbaut. Bisher dient die Plattform als Unterstützung der Website, um Veranstaltungen anzukündigen und um Einblicke in die Art der Projekte des Cooperativa Ensembles zu geben. Sie hat noch keinen sehr hohen Stellenwert in unserem künstlerischen Schaffen. Ob mehr und breiteres Publikum durch Instagram erreicht wird, konnte noch nicht eindeutig analysiert werden. Das letzte Projekt „Verwandelte Räume“ hat allerdings durch Kooperationen mit weiteren Vereinen und Institutionen besonders junge Erwachsene auf unser Ensemble aufmerksam gemacht und sowohl zur Steigerung des Repostens als auch zur Erhöhung der Followerzahlen beigetragen. Die Entwicklung in den USA sehen wir sehr kritisch!
Katharina König, Cooperativa Bielefeld
Der Deutsche Komponist:innenverband (DKV) nutzt die sozialen Netzwerke Instagram und Facebook, um über aktuelle Ausschreibungen für Komponist:innen, kulturpolitisch relevante Themen, Netzwerkveranstaltungen sowie gelegentlich über Konzerttermine zu informieren. Darüber hinaus dient der Kanal dazu, die Sichtbarkeit der Mitglieder zu erhöhen: In Beiträgen und Storys werden ihre künstlerischen Aktivitäten vorgestellt – etwa Uraufführungen, laufende Projekte, Auszeichnungen oder neue Professuren. Auch interne Entwicklungen, wie neu gewählte Vorstände, oder Pressemitteilungen, werden über die sozialen Medien kommuniziert. Mit seinem digitalen Auftritt richtet sich der DKV an seine Mitglieder, potenzielle Neumitglieder, Musiknetzwerke, Verlage und kulturpolitische Akteur:innen.
Anna Motzel-Habermehl, DKV
In den letzten Jahren haben soziale Medien unser Leben erobert und es zum Guten wie zum Schlechten verändert. Instagram ist eine der beliebtesten Social Media-Plattformen unserer Zeit, vielleicht sogar eine der seriösesten und am weitesten verbreitete mit vielen aktiven Nutzer:innen, weshalb sie von DEGEM ausgewählt wurde.
DEGEM nutzt die Meta-Plattformen Facebook und Instagram, wobei Instagram im letzten Jahr aktiver bespielt wurde.
Das Ziel von DEGEM ist es, seinen jüngeren Mitgliedern näher zu kommen, aber auch seine Aktivitäten zu veröffentlichen. So können wir Menschen – Profis wie Amateur:innen oder einfach Leute, die elektroakustische Musik lieben – informieren und direkt mit ihnen kommunizieren und interagieren.
Wir beobachten die Entwicklungen auf Instagram in den USA und sind vorsichtig, was die Zukunft angeht.
Maria Pelekanou, DEGEM
unisono engagiert sich für rund 13.000 Musiker:innen in Berufsorchestern und Rundfunkchören, Freischaffende sowie für Lehrbeauftragte und Studierende an Musikhochschulen. Als größter Verband von Berufsmusiker:innen setzen wir uns für faire Arbeitsbedingungen und gerechte Entlohnung ein. Gern beantworte ich ihre Fragen.
Wir nutzen Instagram seit acht Jahren. Für uns ist die Plattform im Laufe der Jahre immer wichtiger geworden. Wir präsentieren ein modernes Bild von Berufsmusiker:innen und erreichen Politiker:innen direkt mit unseren Forderungen. unisono-Mitglieder und tausende andere Musiker:innen erfahren bei uns Neues rund um den Beruf und seine Interessenvertretung. Durch Collabs vernetzen wir uns weiter im Musik- und Kulturbereich.
Die aktuelle Entwicklung in den USA macht uns Sorgen. Wird die professionelle Prüfung von Fakten durch Prüfhinweise der Nutzer:innen ersetzt, steigt das Manipulationsrisiko, da organisierte Gruppen Einfluss nehmen können. Angesichts der aktuellen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen ist davon auszugehen, dass dies passieren könnte.
unisono Deutsche Musik- und Orchestervereinigung e.V.
Der Musikfonds nutzt vor allem Instagram für die Präsentation von uns geförderter Projekte und für allgemeine Bekanntmachungen. So wollen wir auch Neu-Interessierten aller Altersgruppen den Zugang zur freien Szene erleichtern. In unseren Posts verlinken wir Künstler:innen und in Storys teilen wir Inhalte von anderen Institutionen der Szene – das alles ermöglicht Vernetzung und Sichtbarkeit.
Kritisch schauen wir auf die politischen Entwicklungen der großen Tech-Unternehmen. In unserem Feld spielt dabei vor allem die Verarbeitung der Werke und Daten von Künstler:innen eine große Rolle, die zum Beispiel – ohne eigene Kontrolle – KI-Softwares trainieren.
Social Media hilft der Szene einerseits dabei, Vernetzung zu schaffen. Andererseits bedeutet es, dass sich den (Markt-)Logiken und Zwängen von Einzelunternehmen gebeugt werden muss, auch wenn deren Vorgehensweise, Werte und Umgang mit künstlerischem Eigentum den eigenen Ansprüchen entgegensteht. Die Förderung und Weiterentwicklung von alternativen Netzwerken, die auf EU-Datenschutzrichtlinien und -Urheberrecht basieren, sind daher wünschenswert.
Antonia Olbrich, Musikfonds e.V.
Die Ernst von Siemens Musikstiftung ist weltweit tätig. Daher benötigen wir Kommunikationskanäle, die eine entsprechend internationale Reichweite haben. Auf unserem Instagram-Kanal geht es vor allem darum, unsere Förderprojekte vorzustellen und so der Musik und den Künstler:innen eine breite Sichtbarkeit zu verschaffen. Diese Form der Präsentation und Vernetzung wäre ohne Social Media nicht möglich. Wir waren auch auf X bzw. Twitter vertreten. Diesen Kanal bespielen wir nicht mehr. Die Faktenchecks sind aus unserer Sicht die zuverlässigere Kontrollinstanz.
Ernst von Siemens Musikstiftung
Die Kölner Gesellschaft für Neue Musik (kgnm e.V.) nutzt Instagram (und Facebook). Eine mögliche Erweiterung um Mastodon, auch aus kritischer Perspektive gegenüber Meta, wurde zwar diskutiert, aber als wenig sinnvoll erachtet, da die Social Media Kanäle vor allem genutzt werden, um Mitglieder und Interessierte über Angebote rund um die Neue Musik und Aktivitäten des Vereins zu informieren. Folglich erscheint es sinnvoll, die Plattformen zu nutzen, die auch von den Adressat:innen genutzt werden. Instagram ist wichtig für den Verein, da wir dort Inhalte teilen, die beispielsweise nicht Teil des Newsletters sind, weil sie keine vereinsinternen Themen beinhalten, aber dennoch wertvoll für die freie Szene sein können. Wir verstehen uns an der Stelle als Multiplikator:innen von Informationen.
Zum Thema 'Faktenchecks durch Community Notes ersetzen' haben wir eine ambivalente Haltung. Einerseits kann es in Bezug auf unsere Arbeit sinnvoll sein, Informationen durch die Community überprüfen und anpassen zu lassen. Andererseits können wichtige Informationen, insbesondere in politischen Themenbereichen, durch Community Notes schwerer zugänglich gemacht werden oder verschwinden, wenn die ‘Community’ der Meinung ist, dass diese Informationen nicht relevant sind. Meinungen mit Fakten zu verwechseln, entzieht jeder demokratischen Debatte die Basis und ist folglich Nährboden für populistisch geführte Abhandlungen. Dass dies negative Auswirkungen auf die Freie Szene und offene Räume haben wird, liegt auf der Hand.
kgnm e.V.
Unser Ensemble nutzt Instagram – allerdings mit einem deutlichen Bewusstsein für die Ambivalenzen, die damit einhergehen. Einerseits ist die Plattform für uns ein wichtiges Kommunikations- und Sichtbarkeitsinstrument: Wir informieren über neue Projekte, Konzerte und Kooperationen, zeigen Einblicke in Probenprozesse und möchten so das Publikum an unserer künstlerischen Arbeit teilhaben lassen. Auch für den Kontakt und Austausch mit unseren internationalen Partner:innen und Freund:innen ist Instagram von Bedeutung.
Andererseits wissen wir, dass Meta als Unternehmen inzwischen hochproblematisch ist – politisch, ökologisch und gesellschaftlich. Spätestens seit sich der Konzern offen hinter die Politik der Trump-Regierung gestellt hat und die Verantwortung [in den USA] an die Community ausgelagert wird, zeigt sich deutlich, wie wenig Interesse an einem faktenbasierten, demokratischen Informationsraum besteht. Wenn die Beurteilung von Falschinformationen der Community überlassen wird, verschiebt sich die Deutungshoheit von journalistisch geprüften Fakten hin zu Mehrheitsmeinungen – ein Mechanismus, den wir kritisch beobachten.
Nik Bohnenberger, Ensemble Recherche
Wir sind eine ältere Organisation, älter als die heute sogenannten sozialen Medien, und "unter einem Dach" finden sich hier Digital Natives ebenso wie skeptische oder kritische Verweigerer: Verweigerer bidirektionaler Kommunikation (insbesondere vor Veranstaltungen) und Skeptiker hinsichtlich der Aufmerksamkeitswettbewerbseignung kultureller Inhalte oder gar Werte im engeren Sinne.
Werbung im weiteren Sinne, das Bewerben von Veranstaltungen und Publikum, ihre soziale wie kommerzielle Vernetzung miteinander, muss aber wohl oder übel genauso als Faktor der kulturellen Nische akzeptiert werden wie umgekehrt das Einwerben von Zuschüssen und Förderungen – ohne die es "ja auch nicht geht".
Abhilfe bietet hier, selbst in der personell kleinsten Kulturorganisation, die professionelle Beauftragung einer kompetenten Person "für Social Media". Bei uns ist das Greetje Wieting. Sie schreibt:
"Ich betreue seit Oktober 2022 die Social-Media-Kanäle des KlangForum Heidelberg, das bereits seit 2015 auf Instagram aktiv ist. Für uns ist die Plattform ein wichtiges Werkzeug, um unsere Projekte und Veranstaltungen zu vermitteln und sichtbar zu machen.
Ein Schwerpunkt meiner Arbeit liegt darauf, die Verbundenheit innerhalb unserer künstlerischen Gemeinschaft auch digital spürbar zu machen. Über Instagram ist eine lebendige Community entstanden, die über unsere Konzerte hinaus im Austausch bleibt. Gleichzeitig hilft uns Social Media, unsere Aktivitäten direkt und anschaulich zu zeigen – auch für Förderer ist es schön, die Wirkung ihrer Unterstützung so unmittelbar mitzuerleben.
Ich sehe Instagram vor allem als Chance, neue Musik auf zeitgemäße Weise zugänglich zu machen und Menschen zu erreichen, die sonst vielleicht keinen direkten Bezug zu unserer Arbeit hätten.
Die Entwicklung in den USA, klassische Faktenchecks durch „Community Notes“ zu ersetzen, sehe ich kritisch. Die Idee kollektiver Wissensprüfung ist spannend, birgt aber die Gefahr von Verzerrungen durch persönliche oder politische Ansichten. Gerade in Zeiten, in denen KI-generierte Inhalte zunehmen, braucht es klare und verlässliche Wege, um falsche Informationen zu erkennen und richtigzustellen."
Dominique Mayr (Geschäftsführung), Ekkehard Windrich (Künstlerische Leitung, Musikalische Leitung), J. Marc Reichow (Künstlerische Leitung, Dramaturgie), KlangForum Heidelberg e.V. (mit SCHOLA HEIDELBERG und ensemble aisthesis)
1 https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/E-10-2025-000423_DE.html
2 https://efcsn.com/news/2025-01-07_efcsn-disappointed-by-end-to-metas-third-party-fact-checking-program-in-the-us-condemns-statements-linking-fact-checking-to-censorship/
3 Siehe den Artikel „Das Ende von Metas Fact-Checking-Programm“ von Regina Cazzamatta, Universität Erfurt, vom 24.02.2025: https://www.uni-erfurt.de/forschung/aktuelles/forschungsblog-wortmelder/das-ende-von-metas-fact-checking-programm
4 DEI-Programme sind spezifisch für die USA und zielen darauf ab, die faire Behandlung und volle Teilhabe aller Menschen zu fördern, insbesondere von Gruppen, die historisch unterrepräsentiert oder aufgrund von Identität oder Behinderung diskriminiert wurden (Quelle: Wikipedia).